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Tantra — Entfache dein Feuer

«Erkenne dich selbst und du wirst all die Mysterien der Götter und des Universums erkennen.»
—  Inschrift des Tempels von Apollo in Delphi

Tantra ist eine spirituelle Lehre, welche ihren Ursprung in verschiedenen hinduistischen und
buddhistischen Strömungen hat und den Menschen zu geistigem Bewusstseinswachstum und
Heilung befähigen soll. Tantra grenzt sich insofern von einigen anderen Lehren ab, als dass es
konkrete physische Übungen in den Fokus rückt, um den Körper als Werkzeug zur energetischen
Arbeit mit einzubeziehen und schlussendlich die Dreifaltigkeit von Körper, Geist und Seele in eine harmonische, dynamische Balance zu bringen und somit den Praktizierenden zur Selbsterkenntnis zu führen. In diesem Zusammenhang adressiert Tantra auch die Sexualität als ultimative Manifestation der universellen Liebe und der Dualität, also des männlichen und weiblichen Prinzips, welches allen Menschen innewohnt. So wird beispielsweise darauf hingearbeitet, die orgasmische Energie frei fließen lassen und höheren Zwecken dienend transformieren zu können, ohne dass seelische Blockaden dies verhindern. Neben weiteren Aspekten wie der Chakra-Lehre und der Einbindung von Mandalas und Mantras ist beim Tantra eines grundlegend erkennbar: Die Schattenarbeit steht im Fokus der Aufmerksamkeit. Diese Schattenarbeit, also die Auseinandersetzung mit den eigenen Traumata und dem ausufernden Ego, kreiert Intimität mit sich selbst (die primäre Form von Intimität, die Tantra herzustellen versucht); erst dann kann authentische (romantische) Intimität mit einem anderen Menschen gelebt werden. Es gilt also — und das spiegelt das eingangs abgebildete Zitat wider — sich selbst zu erkennen, um auf dieser Basis Teil von etwas Höherem werden, also quasi einem „higher purpose“ dienen zu können. Hier wartet eine Form der Erfüllung, die nicht-egoistischen Motiven entspringt und Glückseligkeit auf eine neue Ebene hebt.


Tantra hat, wenn man seine Quintessenzen versteht, sehr viel mit dem Thema „Selbstliebe“ zu
tun, da es praktisch die Grundlage für die Fähigkeit schafft, sich selbst wahrlich zu lieben. Der
Begriff „Selbstliebe“ ist womöglich einer der am unterschiedlichsten definierten und verstandenen, am meisten missbrauchten und am wenigsten durchdachten Begriffe überhaupt — mit dramatischen Konsequenzen. Daher sollen die folgenden Zeilen darauf abzielen, die so
dringend benötigte Klarheit in Bezug auf das Verständnis dessen, was Selbstliebe bedeutet, zu
schaffen. Um sich selbst lieben zu können, muss man zuerst einmal wissen, wer oder was dieses
„Selbst“ eigentlich ist, was es ausmacht, kurz: wer ich bin. Da Tantra durch und durch Schattenarbeit ist, kommt man durch die tantrischen Praktiken der Antwort auf die Frage nach
dem Selbst sehr viel näher. Demnach ist also ein grundlegender Wert von Tantra die Wahrheit, da es die Praktizierenden zur Wahrheit (über sich selbst) führt.


Wahrheit ist auf so vielfältige Weise wiederum unabdingbar für Selbstliebe. Nicht nur muss ich die Wahrheit über mich selbst kennen, ich muss zudem ehrlich mir selbst und im Weiteren anderen gegenüber sein. Selbstbetrug ist das genaue Gegenteil von Selbstliebe, da es von
Geringschätzung seines eigenen Wertes zeugt; nicht zuletzt, da man sich durch Selbstbetrug die
Möglichkeit zu persönlichem Wachstum nimmt. Wachstum kann nur auf Basis der Erkenntnis über den wahren Zustand des jetzigen Momentes stattfinden. Habe ich eine mangelhafte Ausdauer, möchte einen Marathon laufen und rede mir gleichzeitig ein, dass ich ausreichend fit bin, werde ich niemals die nötigen Schritte unternehmen, um das entsprechende Wachstum zu realisieren, was es mir ermöglichen würde, den Marathon zu laufen. Daher besteht der Schritt Nummer eins auf dem Weg zu Selbstliebe darin aufzuhören, sich selbst zu belügen.


Zudem beabsichtigt Tantra, die Menschen zu souveränen Wesen zu machen. Souveränität
bedeutet soviel wie die Kontrolle über sich selbst zu besitzen. Wer auf individueller Ebene die
Kontrolle verliert, der wird früher oder später von außen kontrolliert, also beherrscht werden. Wer jedoch Selbstkontrolle übt, der kann sich von externer Beherrschung und somit von ungesunden Abhängigkeitsbeziehungen freimachen. Letztlich kann man also sagen: Selbstliebe ist der höchstmögliche Grad an Eigenverantwortung. Liebe ich mich wahrlich selbst, so übernehme ich die volle Verantwortung für mein Handeln und meine Entscheidungen, weil ich selbst am besten weiß, wie viel ich mir wert bin und mir durch niemand anderes meinen Weg diktieren lassen möchte. Dies führt unweigerlich zu der Erkenntnis, dass der selbstliebende Mensch Freiheit als einen der höchsten Werte zu schätzen weiß und alles in seiner Macht stehende tut, um den Grad der individuellen und kollektiven Freiheit zu erhöhen. Freiheit ist nämlich nichts anderes als die Abwesenheit von externer Beherrschung und Kontrollsucht (Achtung: nicht die Abwesenheit von naturgegebenen Bedürfnissen bzw. Notwendigkeiten!) und ist somit dem persönlichen Wachstum wie auch der kollektiven Glückseligkeit zuträglich.


Zu guter Letzt ist Selbstliebe natürlich die Pflege des eigenen physischen Körpers als
metaphorischen Tempel seiner Seele und Persönlichkeit. Wer sich dem physischen Zerfall hingibt, giftige Produkte, die heutzutage so oft als Lebensmittel missverstanden werden, in sich hinein stopft, aufhört, in Bewegung zu bleiben und somit für Stillstand — nicht nur in der materiellen Dimension, sondern allmählich auch im Geiste — sorgt, der betrügt sich selbst, wenn er von Selbstliebe spricht. Womit sich der Kreis wieder schließt, denn Selbstbetrug ist das Gegenteil von Selbstliebe.


Um die vorangegangenen Ausführungen nochmals zusammenzufassen: Tantra lässt die
Praktizierenden die Grundlage für Selbstliebe erarbeiten: die Selbsterkenntnis, also die Wahrheit
über sich selbst. Wer sich selbst liebt, ist demnach also ehrlich zu sich selbst und zu anderen.
Zudem gilt es, sich aus der Abhängigkeit von anderen zu lösen und sein Leben selbst in die Hand
zu nehmen, denn ansonsten unterwirft man sich und gibt die Verantwortung für das eigene
Schicksal in die Hände anderer — das kann niemals von wahrer Liebe zu sich selbst zeugen,
sondern lediglich von Selbstaufgabe. Genauso wichtig ist es, den eigenen Körper zu hegen, zu
pflegen und zu trainieren, da ein gesunder Körper einen gesunden Geist bedingt und
andersherum, denn was man liebt, das pflegt man. Also: Erkenne dich selbst — erst dann bist du
in der Lage, wahre Selbstliebe zu leben.

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