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Holotropes Atmen — Wenn das Normalste zum Rausch wird

«Es ist seit Jahrhunderten bekannt, dass man das Bewusstsein durch Techniken beeinflussen kann, in denen die Atmung eine Rolle spielt.»

—  Stanislav Grof in seinem Buch „Holotropes Atmen“

Unsere Atmung ist für uns so normal und selbstverständlich, dass wir ihr fast nie einen bewussten Gedanken widmen, geschweige denn sie aktiv regulieren. Ausnahmen bilden wohl nur Situationen, in denen wir äußerste physische Anstrengungen vollbringen oder die Luft anhalten — also in den seltensten Fällen. Eigentlich wäre es jedoch mehr als angebracht, unserer Atmung einmal unsere volle Aufmerksamkeit zu widmen, denn sie leistet uns einen Bärendienst, wenn man so sagen kann. Dass es überflüssig ist, den Grund dafür an dieser Stelle eingehend zu erläutern, ist wohl maßlos untertrieben. Falls es doch jemand vergessen haben sollte: Die Atmung versorgt uns über  Mund und Nase, die Luftröhre und die Lunge mit Sauerstoff und transportiert überschüssiges Kohlendioxid ab, und ohne eine adäquate Sauerstoffsättigung im Blut wäre unser Körper funktionsunfähig und wir nach kürzester Zeit tot. Eine Daumenregel besagt: Wir können drei Wochen ohne Nahrung überleben, drei Tage ohne Wasser, aber nur drei Minuten ohne Sauerstoff — und dies ist für die allermeisten Menschen schon deutlich zu hoch gegriffen. Bitte an dieser Stelle nicht übereifrig die Luft anhalten, denn das kann, wie gesagt, lebensgefährlich sein! Aber mehr als eine Minute dürften es die meisten Ungeübten nicht aushalten. Doch um das Luftanhalten soll es in diesem Blogbeitrag gar nicht gehen. Vielmehr soll das Gegenteil beleuchtet werden, denn es geht um eine ganz bestimmte Atemtechnik, die wahrlich Außergewöhnliches leisten kann: das holotrope Atmen. Noch nie gehört? Dann lies unbedingt weiter, denn das könnte unter Umständen dein Leben verändern — im positiven Sinne!


Wie alles begann… 

Es lohnt sich zuerst einmal einen Blick in die Vergangenheit zu werfen, und zwar in das Jahr 1966. Damals erließ die USA ein Verbot von LSD. Doch was hat LSD mit einer Atemtechnik zu tun? Aufschluss gibt die Betrachtung der Forschungsarbeit von Stanislav Grof, einem tschechischen Psychotherapeuten und Psychiater, der zur damaligen Zeit mit LSD experimentierte — zuerst in Prag in seinem Heimatland, und später dann in den Vereinigten Staaten. Grof untersuchte die Wirkung von LSD und anderen psychedelischen Substanzen bei sich selbst und seinen psychiatrischen Patienten. Er verzeichnete dabei erstaunliche und vielversprechende Ergebnisse zur Behandlung bzw. Heilung von psychischen sowie körperlichen Leiden. Als er 1967 erstmals in die USA ging, sah er sich jedoch gezwungen, aufgrund des dortigen allgemeinen Verbotes der 1938 durch den Schweizer Albert Hofmann entdeckten Substanz einen anderen Weg zu finden, eine ähnliche Wirkung herbeizuführen. Daher begann er, mit der menschlichen Atmung zu experimentieren und entwickelte in diesem Zuge das sog. holotrope Atmen.


Was ist holotropes Atmen?

Das Wort ‚holotrop’ entstammt dem Griechischen und bedeutet soviel wie „auf Ganzheit ausgerichtet“. Holotropes Atmen bezweckt also, durch die Atmung einen ganzheitlichen Zustand im Menschen herbeizuführen bzw. in den Tiefen des Unterbewussten vergrabene Persönlichkeitsanteile zu stimulieren und in das Ganze zu integrieren. Stanislav Grof beabsichtigte, mithilfe dieser Atemtechnik Menschen psychotherapeutisch begleiten und ihre Traumata heilen zu können. Die Atemtechnik basiert im Grunde genommen auf Hyperventilation, also der in Kraft und Frequenz gesteigerten Belüftung der Lungen. Dies führt zu einem Abfall des CO2-Gehaltes und einem Anstieg des pH-Wertes im Blut. In der Folge kommt es neben einem sehr intensiven Kribbeln im gesamten Körper vor allem in den ersten Durchführungen häufig zu Verkrampfungen der Gesichtsmuskulatur, der Hände und vorübergehenden Lähmungserscheinungen der Extremitäten. Diese Symptome können zwar ungewohnt-unangenehme Ausmaße annehmen, verursachen aber keinerlei Schmerzen geschweige denn gesundheitliche Schädigungen. Der Praktizierende der holotropen Atemtechnik ist über die Dauer der Praktik — obwohl er sich in den tiefsten Tiefen seines Unterbewusstseins befinden kann — insofern bei Sinnen und Bewusstsein, dass er zu einer normalen Atmung zurückkehren und somit für ein allmähliches Abklingen des veränderten körperlichen sowie geistig-emotionalen Zustandes sorgen kann.

Doch Achtung: Es gibt Ausnahmefälle, bei denen Menschen ein so intensives Trauma wiedererleben, dass eine erfahrene Begleitperson unbedingt anwesend sein und emotionalen Beistand leisten muss. Auch kann es im Zuge des intensiven Erlebens von emotionalen Situationen dazu kommen, dass diese Energien sich auf den Körper übertragen und durch diesen manifestieren. Der Praktizierende kann sich dann unter Umständen sehr unkontrolliert und kraftvoll bewegen, weshalb auch dies die Anwesenheit einer Begleitperson, die in derartigen Fällen eine Verletzung verhindern kann, unabdingbar macht. Es sei daher, vor allem für Neulinge, davon abgeraten, das holotrope Atmen alleine oder im Beisein von Unerfahrenen zu praktizieren! Stanislav Grof ergänzt dazu: „Eine gute Integration des holotropen Atmens bedarf manchmal auch Körperarbeit [wie simples Händehalten oder auch Massagen], und das kann man nicht selbst machen.“ Für einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser Atemtechnik sollte man daher immer unter Supervision praktizieren, sei es mit einer erfahrenen Begleitperson oder in einem größeren Kreis. In der Praxis wird es häufig so gehandhabt, dass sich in einer Gruppe von mehreren Personen zusammengefunden wird, wobei ein erfahrener Leiter anwesend ist, sowie eine Handvoll sog. ‚Sitter‘, die neben den Atmenden sitzen und ihnen eine grundlegende Fürsorge darbieten (Körperkontakt, Decke, Taschentuch oder Wasserglas reichen, ans intensive Atmen erinnern). In seinem Buch „Holotropes Atmen“ legt Stanislav Grof weitere Vorteile einer Gruppensitzung dar: „Einen holotropen Bewusstseinszustand mit einer Anzahl anderer Menschen in einem grossen Raum zu teilen, die machtvolle Musik in Kombination mit den Geräuschen der anderen Teilnehmer zu hören — all das erzeugt ein sehr intensives Erfahrungsfeld. Die dadurch entstehende Atmosphäre erleichtert es den Atmenden, ihre gewohnten psychischen Verteidigungsmechanismen loszulassen, so dass ihr unbewusstes Material auftauchen und emotionalen und körperlichen Ausdruck finden kann.“


Nutze das uralte Wissen um die Atmung

Das holotrope Atmen wurde in dieser Form zwar von Stanislav Grof entworfen, doch weist dieser in seinen Schriften und Vorträgen immer wieder darauf hin, dass bereits zahlreiche fernöstliche Traditionen, wie bspw. die hinduistische, um die heilende und transzendentale Kraft der menschlichen Atmung wussten und sich diese im Rahmen verschiedener Rituale zunutze machten. Dabei wurde darauf abgezielt, einen veränderten Bewusstseinszustand herbeizuführen, in welchem eine Verbindung zu anderen Ebenen der Existenz hergestellt und aus dem Gleichgewicht geratenes wieder vervollständigt werden konnte. Genau dies ist es, was auch die Grof’sche holotrope Atemtechnik bezweckt und, wie in unzähligen Praxiserfahrungen bereits festgestellt wurde, zu leisten imstande ist. Wenn auch du verwundert und begeistert bist ob der Potenziale, die deine Atmung für dich bereithält, so wollen wir dich ermutigen, in diese Sphäre vorzudringen und dich mit dem holotropen Atmen auseinanderzusetzen, am besten im Rahmen einer Gruppen-Session. Falls du dich für Breathwork im Allgemeinen interessierst, so bieten wir dir auf curaya zahlreiche Angebote, aus denen du etwas für dich Interessantes wählen kannst. In jedem Fall lohnt es sich, dich bewusst deiner Atmung zu widmen und diese als mächtiges Werkzeug zu verstehen, welches dein Bewusstsein erweitern und Seelenheil für dich bereithalten kann.

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